Spielbericht: Irmengard vom Chiemsee

Theatergesellschaft Bad Endorf e. V.
Spielbericht: Irmengard vom Chiemsee

Immer an Pfingstmontag hat ein religiöses Stück vom Volkstheater Bad Endorf Premiere. Befasst man sich sonst weniger mit religiösen Stücken, wappnet man sich im Vorfeld ein bisschen gegen allzu „Heiliges“ was einen von der Bühne herab präsentiert werden könnte – und ist ungeheuer überrascht, wenn man das Bad Endorfer Stück sieht, das ganz ohne Pathos auskommt. Irmengard vom Chiemsee, die als Tochter des Königs Ludwig dem Deutschen und der Welfenfürstin Hemma  im 9. Jahrhundert als Äbtissin im Kloster Frauenwörth auf Frauenchiemsee eingesetzt wird, wird seit über 1000 Jahren verehrt ob ihres Eintretens für Nächstenliebe und Bekämpfung der Armut, weshalb sie sogar mit ihrem Vater brach. Obgleich sie im frühen Alter von 33 Jahren nach nur knapp 10-jährigen Wirkens starb, gab es der Überlieferung nach bei ihrem Tode keine Armut mehr in ihrem Einflussbereich.

Das Leben und Wirken der Irmengard entwickelt sich auf der Bühne und langsamen und schönen Bildern. Es beginnt mit einem Video, das die Fahrt über den Chiemsee hin zur Fraueninsel zeigt und den Weg zum Kloster Frauenwörth. Dann verfolgen wir das Leben der Irmengard als Königstochter, die ihren Lebenswunsch verfolgt, als Äbtissin in einem Kloster eingesetzt zu werden. Bei der Erziehung im Kloster begegnet ihr die Legende vom heiligen Christophorus, dessen Geschichte in einem wunderbaren Scherenschnittspiel gezeigt wird; diese Legende beeinflusst sie sehr. Als Äbtissin in Frauenwörth eingesetzt beginnt sie, sich mit dem gestrengen Vogt anzulegen, der dem hungernden Volk ein hartes Abgabenregime auferlegt hat. Gleichzeitig trifft sie Anstalten, das halb verfallene Kloster wieder herzurichten. Im zweiten Teil verlagert sich das Spiel zu den armen Bauern und Tagelöhnern, von der Macht zur Ohnmacht, von der Welt der Herrschenden zur Welt der Ärmsten. So werden die einfachen Leute, die Tagelöhner und Bauersfamilien immer wichtiger. Diese „Armen“, denen sich Irmengard zuwendet, werden zu Hauptdarstellern, wachsen ans Herz, weil sie Irmengard ans Herz wachsen.

Das Stück wurde neu geschrieben und konzipiert von dem Regieteam Julia und Werner Hofmann und wird sowohl der Tradition des Theaterhauses als auch den Anforderungen an ein heutiges Theaterspiel gerecht. Begleitet wird es vom Halfinger Bläserkreis unter der Leitung von Matthias Linke. Durch dessen Kompositionen vertieft sich das Geschehen auf der Bühne und verstärkt sich der Ausdruck der Schauspieler. Alle ca. 60 Darsteller, insbesondere auch die Kinder, bieten eine ausdrucksvolle Darbietung und machen das Spiel zusammen mit der Hauptdarstellerin, Barbara Bichler, in der Rolle der Irmengard, zu einer gelungenen Ensembleleistung. Die vielen Umbauten wurden im höchsten Maße professionell gestaltet, so dass keinerlei Leerlauf entstand.

Das Volkstheater Bad Endorf besteht schon seit 1790 und ist damit nachweislich das drittälteste Theater in Bayern. 1790 wurde auf einer Wiese als Kirchweihspiel das Stück „Traurige Vorstellung des Jingsten Gerichts“ aufgeführt. Später spielte man in einem Stadl und in einem Gasthaus. 1864 finanzierten 12 Spieler (im Volksmund „Die zwölf Apostel genannt“) den Bau eines Theaterhauses mit inzwischen 534 Sitzplätzen. Seit Ende der 60er Jahre gibt es auch lustige Stücke und Schwanks. Das Volkstheater Bad Endorf wurde vom Bayrischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus als volksbildend und künstlerisch wertvoll anerkannt.

Die Theatergesellschaft Bad Endorf spielt das Stück noch bis 02. Juli, immer Freitag Abend, 20:00h und Sonntag Nachmittag 14:00h.