Larifari Preisverleihung 2018


4. Bayerischer Amateurtheaterpreis "Larifari"

Amateur ist französisch und bedeutet nichts anderes als „Liebhaber“ und das bewies der Verband Bayerischer Amateurtheater (VBAT), der am 23. Juni 2018 in der Stadthalle Penzberg im Rahmen eines feierlichen Festaktes den 4. Bayerischen Amateurtheaterpreis 2016/17 „Larifari“ verlieh. Denn einmal mehr zeigte dieser Festabend, dass die 680 Amateurtheater, dem VBAT mit ca. 60.000 Mitgliedern angeschlossen, beseelt sind von Liebe, Leidenschaft und Humor. Mit dem „Theater-Feuer“,  das in ihnen brennt, erwärmten sie die Herzen des Publikums und entfachten wahre Begeisterungsstürme. Kein Larifari, sondern hochemotionales, glaubwürdiges und gekonntes Theaterspiel.

Der Bayerische Amateurtheaterpreis ist eine Auszeichnung, die der Verband Bayerischer Amateurtheater e.V. (VBAT) alle 2 Jahre vergibt. Ziel ist es, die Vielfalt des Amateurtheaters einer Öffentlichkeit vorzustellen und über die künstlerische Reflexion den gesellschaftlichen Diskurs anzuregen.

 Wie VBAT Präsident Horst Rankl in seiner Eröffnungsrede erwähnte, ist es bei der  Brandbreite der Theaterspielenden nicht möglich, nur einen Gewinner zu benennen: „Da gibt es das Figurentheater in seiner bemerkenswerten Vielfalt, von Marionette über Klappmaul bis hin zu Stab- oder Handfigur, da gibt es das Saaltheater mit einer Fülle von unterschiedlichsten Genres, vom derb-deftigen Volks- oder Mundarttheater bis hin zum Klassiker, es gibt die Freilichtspiele mit einer vergleichbar inhaltlichen Spannbreite wie das Saaltheater, aber in wesentlich größeren Dimensionen, es gibt das Musik- und Tanztheater, das Kabarett und nicht zu vergessen, das ebenso wichtige Jugend-  und Kindertheater sowie das in letzter Zeit in den Fokus rückende Seniorentheater. Schnell erkennen wir die Vielfalt in  unserem Amateurtheaterverband, erkennen die Vielzahl der Spielformen und Spielmöglichkeiten und erkennen die Notwendigkeit, für eine breit gefächerte,  aber dennoch präzise zutreffende Bewertungsskala für den Amateurtheaterpreis zu sorgen.

Der Amateurtheaterpreis wurde deshalb in fünf Theater-Kategorien (Mundart, Boulevard, Schauspiel, Kinder und
Jugend, Figuren) ausgeschrieben. Für jede Kategorie gab es eine Nominierungsjury. Im Vordergrund der
Vergabe stand die künstlerische Arbeit eines Ensembles, die repräsentativ und zugleich wegweisend für das Amateurtheater ist. 94 Theater aus allen Bezirken haben sich in den verschiedenen Kategorien beworben und die durchweg überzeugenden Arbeiten machten der Jury laut Landesspielleiter Gerhard Berger die Gewinnerermittlung nicht leicht.

Die Preisverleihung des 4. Bayerischen Amateur-Theaterpreises fand im Rahmen eines feierlichen Festaktes statt. Neben VBAT Präsident Horst Rankl sprachen als Ehrengäste der Stellvertretender Bürgermeister der Stadt Penzberg, Dr. Johannes Bauer,  der Vorsitzender des Vorstandes der Sparkasse Oberland, Sparkassendirektor Thomas Orbig, der Stellvertretender Bezirkstagspräsident Michael Asam und die Regierungspräsidentin von Oberbayern Maria Els, die auch i. V. des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder, der die Schirmherrschaft dieser Veranstaltung übernommen hat, anwesend war. Regierungspräsidentin von Oberbayern Maria Els hat ihr Amt erst seit Mai diesen Jahres inne und war sichtlich beeindruckt von der Qualität des gesamten Abends.


Als Gastgeber hat das Oberlandler Volkstheater Penzberg e.V. in diesem Jahr den Abend freundlicherweise ausgerichtet. Unter der Leitung ihrer Ersten Vorsitzenden Claudia Herderich, wurde die Penzberger Stadthalle mit viel Liebe zum Detail in einen dem Abend angemessenen Rahmen verwandelt.

Die Preisgelder und Preissymbole, die die Ersten (€ 300,-) und Zweiten Preisträger (€ 200,-) von Sparkassendirektor Thomas Orbig entgegen nehmen durften, kamen aus Spendenmitteln der bayerweiten Gewinnsparlotterie des Sparkassenverband Bayern.  Durch den Abend führte der urbayerische Moderator Walter Sirch.

 

Laut der Jury war es eine knappe Entscheidung zur Platzierung als zweiter Preisträger. Die Theatervereine nahmen trotzdem voll Freude und Stolz die 200,- € Prämie von Sparkassendirektor Thomas Orbig entgegen: Das Stadltheater Bruckmühl-Heufeld mit „Alpenglühn und Männertreu“ (Mundarttheater), das Theater unterm Kirchturm Rosenheim mit  „Wenn schon, denn schon“ (Boulevardtheater), der Holperdinger Tv Beratzhausen e.V. mit „Sternsteinhof“ (Schauspiel), die Laienspielgruppe Langenbach e.V.  mit „The Addams Family“ (Kinder-/Jugendtheater) und das Figurentheater Kunterbunt Postbauer-Heng  Der Wunschring“ (Figurentheater).

Die Ersten Preisträger präsentierten im Zuge der Preisverleihung das prämierte Stück mit einer ca. 10-minütigen Darbietung in Ausschnitten und überzeugten das Publikum in allen Kategorien mit herausragenden schauspielerischen Leistungen, beeindruckendem Engagement, Kreativität und Mut in der Auswahl der Stücke. Jeder Darbietung ging eine Laudatio voraus, die dem Publikum den Inhalt des Theaterstücks zusammenfasste und die Gründe aufzeigte, die die Jury zur Verleihung des Amateurtheaterpreises „Larifari" bewegte.

 

Als Erster Preisträger gewann in der Kategorie Mundarttheater das Neuburger Volkstheater e.V.  aus Oberbayern mit „Brandner Kaspar und das ewig´ Leben“. Als „Zugereister“ die Laudatio für die Kategorie Mundart zu halten und sich dann noch an das Wort „Boandlkramer“ zu wagen, bedarf schon sehr viel Mutes und so erntete der aus Hamburg stammende  Theaterwissenschaftler Markus Bassenhorst für seine  symphatische-humorige Lobesrede auf das jedem Bayern bekannte Theaterstück „Brandner Kaspar“ kernige, ursymphatische Lacher. Mut bewies aber auch das Neuburger Volkstheater e.V. , denn es „bearbeitete umfassend die Textvorlage des Theaterautors Kurt Wilhelm (...) Eine Band mit Blasinstrumenten treibt voran,  bisher hier nicht vermutete Figuren, wie König Ludwig, der „Weißwurscht“ Erfinder Sepp Moser und Karl Valentin treten auf, alle drei jüngst verstorben (...) Die Regie zeigte ebenfalls bemerkenswerte Stärken. Die Schauspieler bewiesen durchweg gute bis sehr gute Leistungen, spielten glaubhaft, souverän und viele Szenen waren wunderbar ausgearbeitet. Dabei wurde sichtbar, dass die Regie jeden Spieler in seinen Möglichkeiten förderte und in das Ensemble fügte - eine wichtige Leistung im Amateurtheater. Auch ließ die Regie Platz für eine Vielzahl von Impulsen und Ideen der SchauspielerInnen. So sieht man einen „Boandlkramer“ in Lederklamotte mit Motorrad, das Akkordeon schwingend und hört kommentierende musikalische Arrangements. Im Theater (...) gilt es, die kreative Eigenleistung der Spieler und des gesamten Ensembles zu erkennen. Die Inszenierung des Neuburger Volkstheaters lässt diese an jeder Stelle ihrer Inszenierung gepaart mit großer Spielfreude sichtbar werden. Dafür verdienen sie den bayerischen Amateurtheaterpreis.


Das Münchens´Bredl e.V. mit „WOB-BABA-LUBA“ wurde als Preisträger in der Kategorie Boulevardtheater von VBAT-Landesspielleiter Gerhard Berger vorgestellt „Die Münchner haben sich mit diesem Stück von Peter Landsdorfer an eine interessante Thematik mit einem Stoff aus der deutschen Nachkriegszeit herangewagt (...) Der Petticoat war in und das größte Vergnügen bestand darin, mit dem eigenen Hobel mit einem „steilen Zahn“ die Clique zu beeindrucken (...) Die Jury war beeindruckt vom großen Engagement der vielen jungen Darsteller und der Glaubwürdigkeit ihrer Figuren. Imponierend waren die vier verschiedene Bühnenbilder, die gleichzeitig auf der Bühne vorhanden(...) und im Detail und Arrangement authentisch waren (...) Mit dem durch das Publikum fahrende Moped, die Rock ’n’ Roll tanzenden Paare und dem Zuschauer Popcorn anbietenden Verkäufer wurde immer wieder die Grenze zwischen Publikum und Bühnenwelt aufgelöst und mehr Farbigkeit in das Spiel gebracht. Mit diesem Stück wurden die Stärken des Amateurtheaters wie persönliches Engagement, Herzblut und die Nähe zum Publikum intensiv herausgearbeitet.“


Jury Jürgen Peter, Vizepräsident BDAT, Bezirksspielleiter Franken VBAT und Fortbildungsreferent stellte in Vertretung des Freien Regisseurs Thomas Stammberger das Theaterstück „Der Weibsteufel“ vom LSK Theater Mainburg in seiner Laudatio vor: „Mutig, konsequent und stimmig war die einhellige Meinung der Jury - vor allem aufgrund seiner Reduziertheit und durch sein Bekenntnis zum „Weniger ist mehr“ überzeugt Karl Schönherrs um 1900 spielendes Drama in der Inszenierung von Dagmar Vögel-Biendl. Eine mutige Wahl für eine Amateurtheaterbühne, denn „Der Weibsteufel“ ist ein hartes, bitteres und humorloses Drama, das uns vorführt, wie weit Menschen - getrieben von Gier und niedrigen Affekten - bereit sind zu gehen (...) Das Stück ist karg. Es gibt nur drei Figuren und Schönherr gönnt diesen noch nicht einmal Namen. Er nennt sie nur: „der Mann“, „die Frau“ und „der Grenzjäger“. In einem alten Haus an der Grenze kämpfen die drei um die Kontrolle über das Geschehen und letztlich um die Vorherrschaft über die Gefühle des anderen. „Der Weibsteufel“ ist ein sehr reduziertes Stück im Stile Ibsens und Strindbergs und das LSK vollzieht diese Reduktion über 90 Minuten ohne Pause konsequent und für ein Amateurtheater geradezu bewundernswert radikal. Szene um Szene gewinnt die Katastrophe in der Mainburger Inszenierung an Fahrt. Durchkomponiert wie die Sätze eines Musikstücks reihen sich die Szenen aneinander, heischen keinen Applaus zwischendurch, sondern erzählen beklemmend eine Dreiecksgeschichte, die geradewegs ins Verderben führt. Es ist alles konsequent und stimmig: Die Inszenierung, die Ausstattung, die Musik, das Spiel. Die Mainburger verzichten auf Ausschmückung, vertrauen lieber dem Stück und seiner dramatischen Konstruktion (...) Das Ende ist harter Tobak: Wie außer Kontrolle geratene Mühlsteine reiben sich die Figuren mit ihren emotionalen Urgewalten gegenseitig auf. Schließlich ist „der „Mann“ tot, der „Jäger“ so gut wie auf dem Weg ins Zuchthaus. Und übrig bleibt alleine Steffi Seehofer als die „Frau“, der Weibsteufel (...) tauschen möchten wir als Zuschauer nach eindrucksvollen anderthalb Stunden auch mit ihr nicht. Das ist das Verdienst einer großen Gemeinschaftsleistung, die auf Kleinigkeiten Wert legt anstatt auf großen Effekt zu setzen“.

 

Die Entscheidung in der Kategorie Kinder-/Jugendtheater fiel einstimmig auf das Theater am Stadtwald in Dachau mit dem Theaterstück „Anne“ legte VBAT-Landesspielleiter Gerhard Berger in seiner Laudatio dar: „Eine couragierte Entscheidung, mit jungen Leuten eine Aufarbeitung der Judenverfolgung mit dem Leben des Mädchens Anne, ihren Ängsten, Zweifeln, Wünschen und Hoffnungen anzugehen. Es beschreibt das Leben von Anne Frank in ihrem Versteck in Amsterdam. Korbinian Kowitschny, selbst Jugendlicher, hat mit seinem Regiedebüt diese Stück bemerkenswert inszeniert (...) Das Bühnenbild und die gute Beleuchtungsarbeit verstärkten die bedrückende, beklemmende und Angst erzeugende Situation mit zwei Familien und 8 Personen über Monate hinweg auf engstem Raum. Die gewagte und kluge Inszenierung ergab ein absolut stimmiges Gesamtbild. Sehr gut gearbeitet wurde an der Sprache, Gestik und Mimik. Mit 18 Personen und einer tollen Hauptdarstellerin war das darstellende Spiel sehr berührend und bewegte. Das Theaterstück „Anne“ zeigt wieder einmal die vielen verschiedenen Aspekte und Vielseitigkeit der Theaterarbeit im Amateurtheater und die Möglichkeiten, der Jugend die Theaterarbeit interessant und schmackhaft zu machen.“


Zum ersten Mal wurde im VBAT ein Figurentheaterpreis ausgelobt, und es freute den Redner Stefan Fichter, selber Marionettenbauer- und spieler deshalb ganz besonders. Ganz besonders freute er sich aber über den Gewinner  „Das Kleine Spiel“, das mit dem Stück „Der Zusammenstoß“ den 1. Preis in der Kategorie Figurentheater entgegennehmen durfte. Das Stück „Der Zusammenstoß“ stammt aus der Feder des großen Dada-Universalkünstlers Kurt Schwitters. Es geht um nichts weniger als den drohenden Untergang der Erde, und es wird höchst selten aufgeführt, denn es gilt als eher unspielbar - außer eben für Figurentheater (...)  Und sie lassen es krachen (...)Keines dieser Wesen hat Beine, kaum Arme, auch keine Köpfe im konventionellen Sinn. Irgendwie schrammen, rollen, radeln sie vor den Füßen ihrer (Puppen-)Führer über den Bühnenboden. Aber sie alle können schauen, können sich in ihre nicht vorhandenen Augen blicken, und sie können in ihren Bewegungen exakt ihren Charakter abbilden. Trotz, oder vielleicht gerade wegen des hohen Maßes an Abstraktion sind sie so überzeugend – und so witzig! (...) Die Figuren werden von acht Spielern bewegt, dies mit viel Elan und Spielfreude. Auch haben sie Stimmen, sie haben Dialoge zu sprechen, zu singen, Banales, Absurdes, Philosophisches (...) aber es sind nicht die Spieler, die sprechen, sondern es ist ein zweites Ensemble, das sich in einer Ecke des engen Bühnenraums um ein Mikrophon drängt: Acht SprecherInnen, die ihre Stimmen den Figuren leihen und diese lebendig werden lassen (...) Die Beleuchtung ist ein ganz wesentlicher Teil des Erfolgs vom „Zusammenstoß“ (...)Ein komplexer Mix aus Klang und Geräusch, instrumentaler und elektronischer Provenienz bildet das Rückgrat dieser Inszenierung. Es ist eine echte „Soundscape“, eine eigene Dimension des Bühnenraums, von intergallaktischen Klängen, angemessen der Situation eines auf die Erde zurasenden Himmelskörpers, bis zur etwas schräg intonierten Internationale, wo unter anderem von Kommunisten, Kapitalisten, Egoisten … und Räucheraalen die Rede ist. Dass am Ende die Katastrophe ausbleibt, sei hier nur am Rand erwähnt. Ein wohlverdienter Preis!“

 Das Publikum erlebte einen ganz besonders intensiven und unterhaltsamen  Abend und viele Gäste hätten die prämierten Stücke gerne von Anfang bis zum Ende gesehen. „Als wenn mitten in einem spannenden Film der Strom ausfällt“, so kam es manch einem Zuschauer vor. Wer mehr will, dem sei der  „Theaterkalender“ der Internetseiten des Verband Bayerischer Amateurtheater empfohlen. Mittlerweile stellen hier sehr viele Amateurtheatervereine aus ganz Bayern ihre Veranstaltungen samt Terminen, Inhaltsverzeichnis, Bildern und Entfernungsangabe zum Spielort  ein: https://www.amateurtheater-bayern.de/index.php?modul=theaterlist