Spielbericht "Krieg im dritten Stock"

Heiglhoftheater GbR
Spielbericht "Krieg im dritten Stock"


Blaha und seine Frau werden um zwei Uhr früh von einem Postboten geweckt, der mitten in ihrer Wohnung steht und Blaha einen Stellungsbefehl überbringt. Was zuerst nach einem dummen Faschingsscherz aussieht, entpuppt sich als tödlicher Ernst. Nacheinander eröffnen dem verblüfften Blaha ein Arzt, ein Polizist, ein Abwehroffizier und ein General, dass er laut Geheimabsprachen per Computer ausgesucht wurde, einen Ersatzkrieg mit einem Herrn Hürliman, Weinhändler aus Luxemburg, zu führen, der seinerseits stellvertretend für die Luxemburger kämpfen soll. Nun muss Blaha psychologisch wie strategisch auf die Schlacht vorbereitet werden. Aus der Farce wird blutige Realität, aus friedlichen Bürgern werden auf Anhieb hysterische Krieger, die sich gegenseitig umbringen.

Die Geschichte eines Möchte-gern-Juristen, der mitten in der Nacht in seinem Schlafzimmer für die echte Schlacht mit einem Weinhändler aus Luxemburg psychologisch wie strategisch vorbereitet wird, weil sich die Militärs und Geheimdienstler per Computer zwei Normalbürger gewählt haben, die wie einst vor Troja ihre Nationen vertreten sollen, ist turbulent, lustig – und blutig ernst. Sie führt überzeugend vor, wie sich Menschen zu den Machtspielen der Mächtigen allzu leicht verführen lassen und an ihrer Selbstvernichtung freiwillig teilnehmen.

Pavel Kohouts bitterböser Einakter „Krieg im dritten Stock“ der in der Zeit des Kalten Krieges entstand, soll aufzeigen, wie massiv die Mächtigen dieser Gesellschaft den Einzelnen manipulieren können. Ein Thema, das auch heute durchaus in den Zeitgeist passt. Pavel Kohout war selbst jemand, der sich nicht manipulieren lassen wollte. Als einer der Wortführer des „Prager Frühlings“ und später als Mitunterzeichner der „Charta 77“ wurde er von der Staatssicherheit terrorisiert – bis zu seiner Ausweisung nach Österreich im Jahr 1979. 

Das Heiglhoftheater hat aus dem Stück konsequenterweise ein absurdes Theaterstück gemacht, das immer mehr überdreht. Ein äußerst sparsames Bühnenbild, durchdachte Figuren, eine pointierte Aussprache, farbige Elemente wie exzentrische Kostüme und eine Schlacht in Slow Motion halten die Spannung auf gleichbleibendem Niveau. Schauspielerisch eine sehr gute Ensembleleistung! Im Gegensatz zum Original distanzieren sich die Militärs / Geheimdienstleute am Schluss von ihrem Tun mit den Worten: Ich hab keine Lust mehr auf den Scheiß! Ein Schluss, der Hoffnung weckt.

Das Heiglhoftheater wurde am 17. Mai 1995 von 14 Theater-Begeisterten im Studentenwohnheim in der Heiglhofstraße in München gegründet. Heute, 27 Jahre später, blickt die Gruppe auf bewegte Zeiten zurück. Die Gründungsmitglieder sind natürlich inzwischen dem Studentenleben entwachsen, aber teilweise auch heute noch aktiv.

Das Theater bringt üblicherweise zwei Produktionen im Jahr heraus, im Frühjahr und im Herbst. Bis 2012 spielte die Gruppe im Studentenwohnheim in der Heiglhofstraße, inzwischen zeigt sie ihre Produktionen in der Pasinger Fabrik und im Einstein Kultur, zwei etablierten Einrichtungen der Münchner Kleinkunstszene. Die Gruppe hat keine Rechtsform, keine Struktur und keine Leitung und funktioniert – vielleicht gerade deswegen – bereits 27 Jahre. Bei der Stückauswahl sind die Regisseure vollkommen frei. Das Repertoire reicht von Tragödien bis zu Boulevardkomödien, von Klassikern bis zu zeitgenössischen Stücken, von Shakespeare bis Ayckbourn, von Brecht bis Agatha Christie oder Woody Allen.